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160 Jahre danach - Gettysburg Leadership Lessons, Teil 4: Strong Vincent & Joshua Lawrence Chamberlain

Wie zwei Führungskräfte des mittleren Managements die Unionsarmee am Little Round Top retteten

Von Mark Hübner-Weinhold

Als am 2. Juli 1863 der zweite Morgen der Schlacht von Gettysburg anbrach, war die strategische Lage relativ einfach: Die Unionsarmee hatte die inzwischen eingetroffenen drei Korps II., III. und XII. sowie die nach dem ersten Tag Überlebenden vom I. und XI. Korps tatsächlich vom Culp’s Hill und Cemetery Hill aus, der Spitze des Angelhakens, auf dem Höhenrücken des Cemetery Ridge positioniert und hatte somit den Vorteil des erhöhten Geländes und kurzer innerer Linien (siehe Karte).

Nur die beiden Hügel ganz im Süden, Little Round Top und Big Round Top, sozusagen die Öse des Angelhakens, waren noch unbesetzt von beiden Armeen. Die Konföderierten beherrschten die Stadt Gettysburg und massierten ihre bereits eingetroffenen Divisionen nördlich und östlich davon und vor allem entlang des Seminary Ridge. Dieser bewaldete Höhenzug liegt im Westen parallel zum Cemetery Ridge – mit ungefähr einer Meile offenen Farmlands dazwischen. Die im Laufe des 2. Juli eintreffenden Divisionen von James Longstreets I. Korps wurden von General Lee im Süden des Seminary Ridge positioniert.

Kurz nach Mitternacht war auch der Befehlshaber der Army of the Potomac, Generalmajor George Gordon Meade, auf dem Schlachtfeld eingetroffen. Seine erste Frage lautete: „Ist dies ein gutes Gelände für eine Schlacht?“ Seine Korpskommandeure bejahten dies und votierten dafür, die vorteilhafte Stellung zu halten und hier bei Gettysburg weiter gegen die Armee von Lee zu kämpfen.

 

Dabei war der erste Tag nicht gut für die Blauröcke verlaufen. 25.000 konföderierte und 18.000 Soldaten der Union hatten sich am 1. Juli gegenübergestanden. Die Rebellen hatten ihre Gegner unter schweren eigenen Verlusten zurückgedrängt vom Seminary Ridge und in heftigen Straßenkämpfen die Stadt erobert. Die geschlagenen Nordstaatler zogen sich zurück auf den Culp’s Hill und Cemetery Hill und verschanzten sich dort. Generalleutnant Richard S. Ewell, Kommandeur des II. Korps der Nord-Virginia-Armee, hatte es versäumt, das Momentum des Vormarsches zu nutzen und die beiden strategisch so wichtigen Hügel einzunehmen (siehe Teil 3 der Serie). Dennoch war der 1. Juli ein großer erster Erfolg für General Lee, der diese Schlacht an diesem Ort so nicht geplant hatte.

 

Lees Plan: Die Union auf beiden Flanken massiv angreifen und das Zentrum beschäftigen

Nun galt es für den konföderierten Befehlshaber, den zweiten Tag zu nutzen, um der Unionsarmee weitere entscheidende Schläge zu versetzen. Lees Operationsplan sah für den 2. Juli Angriffe auf beiden Flügeln der Unionsarmee vor. Er gab Ewell den Befehl, die Unionslinien wieder im Norden anzugreifen, bei Culp’s Hill und Cemetery Hill. Longstreet sollte mit drei Divisionen, davon zwei aus seinem eigenen II. Korps und Andersons Division aus Hills III. Korps, den linken Flügel von Meades Armee nördlich der beiden Round Tops angreifen. Generalleutnant Ambrose Powell Hill sollte außerdem das Zentrum der Unionslinien auf dem Cemetery Ridge bedrohen und dafür sorgen, dass die Potomac-Armee keine Truppen von dort auf die Flügel verlegen konnte.

 

Ein guter Plan. Aber eben nur ein Plan. Einige Jahre später bemerkte der preußische Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke treffend: „Kein Plan überlebt die erste Feindberührung.“ Die Schlacht verlief nicht so, wie Lee gehofft hatte. Wesentlich dafür war wiederum die fehlende Aufklärung wegen der abwesenden konföderierten Kavallerie von Stuart. So griff Longstreets linke Division unter Generalmajor Lafayette McLaws nicht die linke Flanke der Union, sondern frontal das III. Korps der Union unter Generalmajor Daniel Sickles an. Sickles, ein überambitionierter politischer General ohne lange Felderfahrung, hatte seine Soldaten eigenmächtig und gegen den ausdrücklichen Befehl von Meade vorrücken lassen, überdehnte damit jedoch die Stellungen der beiden Divisionen des III. Korps. Vor allem gefährdete er so die stabile Verteidigungsstellung in Angelhakenform.

 

Der Wettlauf zum Little Round Top

Als Sickles‘ Divisionen nun von den Konföderierten attackiert und unter hohen Verlusten nach und nach zurückgedrängt wurden, beorderte Generalmajor Meade den Chef seiner Pioniereinheiten, Brigadegeneral Kemble Warren, weitere geeignete Verteidigungsstellungen hinter Sickles einbrechenden Linien zu erkunden. Der Ingenieur Warren erkannte rasch die Möglichkeiten, die die beiden Round Tops derjenigen Armee bieten würde, die sie zuerst besetzten. Und er beobachtete auch, dass Regimenter der Rebellenarmee sich auf den Little Round Top zubewegten. Also schickte Warren sofort einen Kurier zum Kommandeur der anrückenden 1. Division des V. Korps, Brigadegeneral James Barnes, mit der Empfehlung, sofort Truppen auf den kleinen runden Hügel zu schicken, um eine Katastrophe für die gesamte Potomac-Armee abzuwenden. Jetzt zählte jede Minute, es war ein Wettlauf auf den Little Round Top.

 

Auf dem Weg zu Barnes traf der Kurier einige hundert Meter nördlich vom Little Round Top auf die 3. Brigade von Barnes‘ Division, befehligt von Strong Vincent. Der Oberst hatte Befehl, seine 1.300 Mann direkt zu einem Weizenfeld zu führen, um dort Sickles Truppen gegen die massiven Angriffe der Konföderierten zu unterstützen. Auf Nachfrage von Vincent berichtete der Kurier hektisch, welche Botschaft er General Barnes überbringen solle und wie dringlich die Bitte von Warren sei. Strong Vincent wusste nicht genau, wo sich sein Vorgesetzter gerade befand. Der 26jährige Oberst, der vor dem Krieg als Rechtsanwalt in Erie, Pennsylvania, praktizierte, musste jetzt eine Entscheidung treffen. Was tun?

 

Fallbeispiel: Wie fällen Führungskräfte schwierige Entscheidungen in kritischen Situationen? 

An diesem historischen Fallbeispiel erleben wir eine enorme Herausforderung für Führungskräfte in kritischen Situationen. Strong Vincent stand jetzt vor einem Dilemma: Folgte er seinem eindeutigen Befehl und marschierte weiter Westen, um dem schwer angeschlagenen III. Korps beim Kampf im Weizenfeld zu helfen? Oder entsprach er ohne Rücksprache mit seinem Chef der dringenden Bitte eines Stabsoffiziers, der keine Befehlsautorität über ihn hatte?

 

Vincent machte sich rasch die topographische Situation klar und erkannte, dass der Little Round Top ein strategisch entscheidendes Gelände war. Wenn es den anrückenden Regimentern aus Alabama und Tennessee gelänge, den Hügel zu besetzen, wäre die gesamte Verteidigungsposition der Unionsarmee auf dem Cemetery Ridge, also dem Schaft des Angelhakens, gefährdet. Die Rebellen könnten dann Meades Stellungen buchstäblich von Süden her aufrollen, die Schlacht wäre unweigerlich verloren. Schnell traf Vincent eine Entscheidung: Zwar hatte Warren keine Befehlsgewalt über ihn und seine Brigade, aber er kannte und schätzte den Ingenieur und vertraute dessen Urteil. Also ignorierte er seinen ursprünglichen Befehl und marschierte mit den vier Regimentern seiner Brigade auf einem alten Holzfällerpfad im Laufschritt auf den Little Round Top.

 

Vincents Vorgehensweise wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie fällen Führungskräfte schwierige Entscheidungen für ihr Unternehmen? Der Bestsellerautor Malcolm Gladwell hat in seinem Buch „Blink“ (2005) überzeugend dargelegt, dass Entscheidungen, die schnell und intuitiv getroffen werden, mindestens genau so gut, wenn nicht sogar besser seien, als jene, denen komplexe und zeitraubende Analysen vorausgingen. Nun hatte Strong Vincent gar nicht die Zeit, in diesem kritischen Moment lange abzuwägen; er musste binnen weniger Sekunden entscheiden, was sinnvoller war zu tun. Seine Entscheidung war der disziplinierte Ungehorsam einer Führungspersönlichkeit, die bewusst gegen die klaren Anweisungen ihres Chefs verstieß, weil sie überzeugt war, dass dies in einer extrem kritischen Phase das Beste für die gesamte Organisation war.

 

Strong Vincent - eine vorbildliche Führungskraft im mittleren Management

Zugleich dokumentiert dieser Vorgang, wie entscheidend Vertrauen ist. Führungskräfte, die in einer Statushierarchie verhaftet sind, würden vermutlich stur dem klaren Befehl folgen – und persönlich kein disziplinarisches Risiko eingehen. Oberst Vincent hätte möglicherweise sogar ein Kriegsgerichtsverfahren gedroht, weil seinen Befehl missachtet hatte; allerdings wurde er bei der Verteidigung des Little Round Top tödlich verwundet. Und doch ignorierte Vincent die starre Statusmacht der Armee und entschied sich dafür, der Lageeinschätzung des erfahrenen Warren zu vertrauen. Für seine heroische Leistung wurde Vincent am 3. Juli auf Vorschlag von General Meade zum Brigadegeneral befördert, doch erreichte ihn diese Nachricht auf dem Sterbebett.

 

Dieses historische Fallbeispiel zeigt uns eine vorbildliche Führungskraft im mittleren Management: Strong Vincent vereint situative Flexibilität in einer kritischen und uneindeutigen Lage mit ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungs- und Umsetzungsstärke. Das ist wirksame Führung. Moderne Organisationen wären gut beraten, wenn ihre Führungskräfte sich am Vorbild von Vincent orientieren würden.

 

Doch während sich der 2. Juli vor 160 Jahren dem Ende zuneigt, wollen wir abschließend noch betrachten, wie wirksam Vincents unorthodoxe Entscheidung wirklich war – ungeachtet seines persönlichen Opfers. Der Fortgang des Kampfes um den Little Round Top rückt eine zweite, höchst bemerkenswerte Führungspersönlichkeit in den Fokus: Oberst Joshua Lawrence Chamberlain, Kommandant der 20. Maine Volunteers, einem der vier Regimenter in Vincents Brigade.

 

Joshua Lawrence Chamberlain: Der Rhetorik-Professor, der die linke Flanke der Union rettete

Nachdem er seine Brigade auf den Little Round Top geführt hatte, wählte Oberst Vincent eine Verteidigungslinie, die am Westhang des Hüge begann. Das 16. Michigan nahm eine Position an der rechten Flanke ein und das 44. New York und 83. Pennsylvania hielten die Mitte. Am Ende platzierte der Brigadechef das 20. Maine. Das Regiment bildete in diesem Moment die äußerste linke Flanke der Unionsarmee in Gettysburg. Das letzte, was Vincent zu Chamberlain sagte, war: „Das ist die linke Flinke der Unionslinie: Sie müssen diesen Boden um jeden Preis halten!“

 

Ein klarer Auftrag für einen Mann, der alles andere als ein typischer Soldat war. Joshua Lawrence Chamberlain war 34 Jahre alt, als er ein Jahr zuvor seine angesehene und sichere Professur für Rhetorik und Rede sowie für moderne Sprachen Europas am Bowdoin College in Brunswick, Maine, aufgab. Er sprach sechs Sprachen, war verheiratet und hatte fünf kleine Kinder. Chamberlain war ein Idealist. Er engagierte sich leidenschaftlich für die Idee der Vereinigten Staaten von Amerika, war ein Gegner der Sklaverei und lehnte die Sezession ab.

 

Obwohl ihm eine militärische Ausbildung fehlte, verließ Professor Chamberlain Bowdoin, um als Freiwilliger beim 20. Maine-Infanterieregiment zu dienen. Ursprünglich war ihm wegen seiner akademischen Weihen der Rang eines Obersten zugedacht, aber da er sich seiner mangelnden Erfahrung bewusst war, bat er darum, einen Dienstgrad niedriger als Oberstleutnant zu beginnen. Unter Anleitung seines kommandierenden Offiziers Oberst Adalbert Ames eignete sich Chamberlain binnen weniger Monate die Grundzüge militärischer Führung an; obwohl fachfremd, halfen ihm sein Intellekt und seine Fähigkeit, Fachliteratur rasch und intensiv zu durchdringen, dabei, das für die Führung der Einheit relevante Wissen zu erlangen. Innerhalb weniger Monate kämpfte das Regiment in einigen der blutigsten Schlachten des Bürgerkriegs, darunter in Antietam (September 1862) und Fredericksburg (Dezember 1862). Nachdem sein Mentor Ames in den Rang eines Brigadekommandeurs befördert worden war, übernahm Chamberlain im Juni 1863 als Oberst das Kommando über das 20. Maine.

 

Viele erinnern sich an Chamberlain, wie er von Jeff Daniels in dem Film „Gettysburg“ (1993) dargestellt wurde. In einer historisch belegten Szene wurde ihm eine Gruppe von 120 meuternden Soldaten des aufgelösten 2. Maine-Regiments vorgeführt, die ihre Dienstzeit beendet glaubten und sich weigerten, noch länger für die Union zu kämpfen. Chamberlain wurde angewiesen, mit den Meuterern so zu verfahren, wie er es für richtig hielt. Es waren Nachbarn aus der Heimat, teilweise Freunde und Bekannte seiner eigenen Soldaten. Chamberlain, der nicht bereit war, diese Männer wegen Meuterei zu erschießen, hielt eine bewegende Rede, in der er an ihren gemeinsamen Glauben an die Freiheit und an die Werte der amerikanischen Verfassung appellierte. Am Ende stellte er sie vor die Wahl, zu kämpfen oder zurückzubleiben und auf ein gerechtes Kriegsgerichtsverfahren zu warten. 114 von 120 Männer nahmen ihre Waffen in die Hand und verstärkten die stark dezimierten Reihen des 20. Maine.

 

"Bajonett!" - ein Befehl, der gegen alle militärischen Regeln verstieß

 Und nun hatten diese Männer gerade ihre Stellungen an der äußersten linken Flanke der Union bezogen, als nur zehn Minuten später Truppen des 15. Alabama-Regiments den Hügel hinaufstürmten. Sie wurden erfolgreich zurückgeschlagen. Männer auf beiden Seiten fielen, verwundet oder tödlich getroffen. Die Konföderierten kamen wieder und wieder, bis dem 20. Maine Männer und Munition ausgingen. Seine Offiziere wiesen Chamberlain auf die aussichtslose Lage hin; einen weiteren Angriff würde das 20. Maine nicht überstehen. Einige rieten zum Rückzug, doch Chamberlain lehnte das strikt ab. Er wusste um die Folgen für die Stellungen der Unionsarmee, und er hatte Strong Vincents letzte Worte im Kopf: „Sie müssen diesen Boden um jeden Preis halten!“

 

Also gab er seinem linken Flügel den Befehl, einen Bajonettangriff zu starten. Es war ein Manöver, das in keinem Lehrbuch stand, eigentlich gegen jede militärische Vernunft. In seinem Tagesbericht notierte er: „In dieser Krise befahl ich das Bajonett. Das Wort war genug.“ Obwohl es aufgrund der Bedingungen auf dem Schlachtfeld unwahrscheinlich ist, dass viele Männer Chamberlains Befehl hörten, glauben die meisten Historiker, dass er den Angriff einleitete. Als die Rebellen nun ein weiteres Mal durch die Bäume und Felsen des Little Round Top heraufmarschierten, drehte Chamberlain einfach den Spieß um und überraschte so den völlig perplexen Feind: Das 20. Maine stürmte den Hügel hinunter, wobei sich der linke Flügel nach innen drehte, um die angreifende Linie wie ein Scharnier zum Schwingen zu bringen und so einen gleichzeitigen Frontalangriff und ein Flankenmanöver zu ermöglichen. 101 Soldaten der Konföderierten wurden gefangen genommen, obwohl viele der Unionssoldaten gar keine Munition mehr in ihren Musketen hatten. Damit war die Bedrohung für die Flanke der Union endgültig vorbei. Das dezimierte und völlig erschöpfte 20. Maine wurde von frischen Truppen ersetzt, die die Stellung auf dem Hügel für den Rest der Schlacht sicherten.

 

Vier Lektionen für Führungskräfte

Welche Lektionen lehrt Joshua Lawrence Chamberlain heutigen Führungskräften? Vier Aspekte erscheinen mir wesentlich:

 

Kommunikation: Erwartungen (er-)klären und klare Ansagen machen. Chamberlain war schon von seiner Profession her ein Meister der Rhetorik. Wie in seinem Appell an die meuternden Männer des 2. Maine zu sehen ist, verstand es Chamberlain, andere für eine gemeinsame Vision zu gewinnen. Er nutzte seine Redekunst, um sein tiefes Verständnis und sein Einfühlungsvermögen für die Situation seiner Mitarbeiter zu vermitteln. Er verband den Auftrag vor Ort mit einer klaren, überzeugenden und herausfordernden Vision: „Halten Sie die Stellung und retten Sie die Union“, erklärte er seinen Offizieren ("Hold the line and preserve the Union“). Und er bekräftigte gemeinsame Werte wie Freiheit, Selbstlosigkeit und Mut. In der Buchvorlage „The Killer Angels“ von Michael Shaara und im darauf basierenden Film „Gettysburg“ macht Chamberlain unmissverständlich klare Ansagen, als er den Bajonettangriff befiehlt – er fragt bei den Offizieren nach, ob sie seine Anweisungen wirklich verstanden haben. Das ist professionelle Führungskommunikation.

 

Agilität: Flexibel auf wechselnde Umstände reagieren. Unter extremem Stress, im Kugelhagel der Schlacht, die Schreie der Verwundeten und Sterbenden um sich herum, reagiert Chamberlain in beinahe aussichtsloser Lage mit responsiver Innovation. Er befiehlt ein Manöver, das völlig überraschend ist und gerade deshalb funktioniert. Gemäß der Weisheit des chinesischen Feldherrn Sun Tzu „Ein kluger Umgang mit Ressourcen verhilft zum Sieg“ konzentriert sich Chamberlain mangels Männern und Munition auf das Wesentliche: Wie ist der Feind jetzt noch zu schlagen? Und er erkennt, dass Tempo und Präzision der Ausführung seines Plans bei der Umsetzung entscheidend sein werden. Noch einmal Sun Tzu: „Mit Methode und guten Manövern siegen.“

 

Vorbild: Aktiv Verantwortung übernehmen – auch an der Front. Chamberlain hat es vorgelebt. Er war kein Karriereoffizier wie Meade oder Ames. Er war kein Absolvent von West Point oder Annapolis. Sein Verhalten war tadellos, und er begegnete jedermann mit Respekt. Er führte seine Truppen von vorn, nicht von hinten. Führungskräfte sind am effektivsten, wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, die verschiedenen Ebenen von Mitarbeitern einbeziehen und sich darauf konzentrieren, einen Teamgeist zu schaffen, um den Kunden effektiv zu dienen.

 

Lernbereitschaft: Sich neue Kompetenzen aneignen und ständig weiterentwickeln. Dafür ist Chamberlain ein perfektes Beispiel, denn er kam bar jeder Kenntnis über den militärischen Alltag oder das Kriegshandwerk zur Unionsarmee. Oberst Ames nahm ihn unter seine Fittiche und zeigte sich beeindruckt, wie begierig und schnell sein neuer Stellvertreter sich in die Materie einarbeitete. Seine Leistungen auf dem Schlachtfeld von Gettysburg und im weiteren Verlauf des Bürgerkrieges belegen, wie gut es möglich ist, sich Fachwissen rasch anzueignen, wenn man dazu bereit ist. Entscheidend für den Erfolg als Führungskraft sind die Persönlichkeit, und die mentale und intellektuelle Fähigkeit, sich neue Aufgabenfelder durch Weiterbildung zu erschließen und andere Menschen für die gemeinsame Aufgabe zu begeistern. 

 

Foto oben: Oberst Joshua Lawrence Chamberlain, der Professor aus Maine, der die äußerste linke Flanke der Union auf dem Little Round Top rettete (Library of Congress Prints and Photographs Division. Brady-Handy Photograph Collection).

 

 

Die Lage am 2. Juli und die Situation am Little Round Top. 

Der 26jährige Oberst Strong Vincent, der Chamberlains Regiment auf der äußersten linken Flanke positionierte und bei der Verteidigung des Little Round Top tödlich verwundet wurde (Library of Congress Prints and Photographs Division).